Generalversammlung des Vereins für Avifaunistik & Feldornithologie Region Schaffhausen

2. Generalversammlung mit einem spannenden Vortrag von Dr. Hans-Günther Bauer zum Thema «Mitwirkung an Monitoringprojekten in modernen Zeiten» und einem schönen Bildervortrag von Antonio Anta Brink über die Vögel und Natur Spaniens.

Die 2. Generalversammlung fand am 16.11.2024 an der Vorstadt 66 in Schaffhausen statt. Der Präsident Stephan Trösch konnte nach einem Willkommensapéro um 10.00 Uhr ein dutzend Mitglieder sowie Gäste zur GV begrüssen. Bei den statuarisch vorgegebenen Traktanden standen vor allem der Jahresrückblick 2023/24 des Präsidenten im Fokus als auch das Jahresprogramm für 2025. Beatrice Schertenleib präsentierte die Jahresrechnung und konnte über den Eintritt von drei neuen Mitgliedern berichten. Die knapp 90 Minuten dauernde GV schloss mit allgemeinen Informationen und einer Diskussion über «Pflegemassnahmen» in Buntbrachen.

Pünktlich um 11.30 Uhr referierte Dr. Hans-Günther Bauer, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Radolfzell-Möggingen, über das Thema «Mitwirkung an Monitoringprojekten in modernen Zeiten». Der international bekannte Ornithologe und mehrfache Buchautor (u.a. Co-Autor des neuen europäischen Brutvogelatlas) zeigte den Anwesenden und inzwischen neu Hinzugekommenen auf, worauf es bei Monitorings draufankommt, ihre wichtige Bedeutung in der heutigen Zeit und der Zukunft, ferner wie sie durchgeführt werden sollten. Günther Bauer äusserte auch kritische Voten zu volksnahen Zählungen, wie z.B. die «Stunde der Gartenvögel».

Für den Start eines erfolgversprechenden Monitorings sind viele Faktoren entscheidend, nachstehend in einzelnen Punkten zusammengefasst:

  1. Wahl einer Methodik, an die sich alle Beteiligten halten
  2. Definieren eines klaren Ziels, damit die erhobenen Daten auswertbar sind
  3. Festlegen von Standards (Ausbildung/Trainings von Mitarbeitenden)
  4. Guten Unterlagen
  5. Klar werden über die Fehlerquellen in solchen Projekten (z.B. unterschiedliche Kenntnisstände, altersbedingte Hörbeeinträchtigungen, unterschiedliche Aufmerksamkeitsschwelle durch Ablenkungen, bspw. technische Unterstützung für die Eingabe im Smartphone).
  6. Finanzierung und Projektleitung
  7. Repräsentanz von mit der Avifauna und der Landschaft (des Projektes) vertrauten Personen
  8. Gute feldornithologische Kenntnisse der Projektteilnehmer sind die Basis (z.B. kann die Dauer, bis ich einen Vogel im Feld bestimmt habe, insbesondere den Gesang, positivenj oder negativen Einfluss auf das Gesamtergebnis haben. Ein Training im Feld mit erfahrenen Orni ist wichtig. Wer Schwierigkeiten mit der akustischen Bestimmung hat, sollte besser auf Monitorings im Winterhalbjahr (z.B. Wasservogelzählungen) ausweichen.
  9. Der Einsatz von «Maschinen» im Feld, wie z.B. die Merlin-ID, sollte sehr zurückhaltend sein und schon gar nicht von Anfängern verwendet werden. Die Fehlbestimmungen sind nach wie vor hoch, wie Erfahrungen zeigen. Ein solcher Einsatz würde zu einer erheblichen Fehlerquote führen.
  10. Die Interpretation von Landschaftsbildern ist ebenfalls wichtig, im Sinne der korrekten Orientierung im Gelände. Eine App mit GPS zur punktgenauen Verortung kann dies zwar übernehmen, aber die persönliche Gewissheit, dass dies auch stimmt ist entscheidend.
  11. Bei einem Entscheid für eine Mitwirkung an einem Monitoringprojekt, sollte die Bereitschaft für eine langfristige Übernahme vorhanden sein. Ein steter Wechsel von Mitarbeitendenden im selben Projekt (oder Teilgebiet) könnte die Qualität beeinträchtigen (durch die unterschiedliche Kompetenz des Mitarbeiters).
  12. Bei allgemeinen Brutzeitmeldungen über die ornitho-Portale sind die Angaben zum Atlascode (Brutzeitcode) von entscheidender Bedeutung. Denn nur mit diesen Codes lassen sich aussagekräftige Auswertungen erstellen.

Neben den verschiedenen wichtigen Aspekten, die bei einem Monitoring zu berücksichtigen sind, gibt es noch weitere Erfolgsfaktoren, auf die Hans-Günther Bauer eingegangen ist. Folie: Hans-Günther Bauer, Projektionsfoto: Stephan Trösch

Nicht nur der Einfluss des Klimawandels ist für das Vorkommen der Vogelarten zunehmend sichtbar, sondern auch jener der wirbellosen Neozoen. War ab Mitte der 1960er Jahre die im Bodensee eingeschleppte Wandermuschel (Dreissena polymorpha) für den rasanten Anstieg der überwinternden Reiher- und Tafelenten sowie Blässhühner verantwortlich, so vollzieht sich seit ungefährt 2014 mit der Zuwanderung der Quagga-Muschel ein völlig neues Szenario. Diese invasive Muschelart bedeckt in rasendem Tempo ganze Seegründe, zunehmend auch grössere Tiefen, mit noch nicht absehbaren Auswirkungen auf die Fisch- und Vogelbestände. Folie: Hans-Günther Bauer, Foto: Stephan Trösch

Hans-Günther Bauer präsentierte die ersten Auswertungen aus der 5. Brutvogelkartierung im Bodenseegebiet. Bei mehreren Vogelarten sieht die Entwicklung seit 1980 sehr düster aus. Der Baumpieper kommt erstmals nicht mehr vor und hat alle bisherigen Brutgebiete verlassen. Folie: Hans-Günther Bauer, Projektionsfoto: Stephan Trösch

Fünf Brutvogelkartierungen am Bodensee zwischen 1980 und 2022 zeigen eindrücklich die zum Teil dramatischen Veränderungen bei mehreren Vogelarten auf. Viele Langstreckenzieher haben massive Verluste und besetzen heute noch leste Bastionen. Umgekehrt hat z.B. der Rotmilan um das Fünffache seit 1980 zugenommen, keineswegs Zeichen einer zugenommenen Biodiversität, als eher Ausdruck einer ausgeräumten Landschaft. Folie: Hans-Günther Bauer, Projektionsfoto: Stephan Trösch

Vorstandsmitglied Antonio Anta Brink präsentierte nach dem Mittagslunch (herzlichen Dank an Nina Corti für die Kürbissuppe und Martina Hettich für die vorzügliche Nachspeise) seine wunderschönen Fotografien aus mehreren bedeutenden Landschaften sowie Hotspots der Vogelbeobachtung in Spanien. Antonio zeigte eine eindrückliche Zusammenfassung aus mehreren Reisen zu unterschiedlichen Jahreszeiten.

Herzlichen Dank an alle anwesenden Mitglieder, Gäste und Interessenten sowie den Referenten.

Die 3. Generalversammlung findet am Samstag, 22. November 2025 statt.

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