Projektauskunft und Text: Michael Widmer | e-mail: michi_widmer@bluewin.ch
Die Tafeljura-Hochflächen des Schaffhauser Randens mit ihren mageren wasserdurchlässigen Böden auf Malmkalk in einer Höhenlage zwischen 650 und 900 m ü.M. beherbergen seit jeher eine ornithologische Kostbarkeit, die Heidelerche Lullula arborea. Bereits Im Thurn (1840) erwähnte die «Baumlerche» für den Kanton Schaffhausen und Göldlin (1879) beschrieb in seinem Verzeichnis der Schaffhauser Vögel «Alauda arborea» als nicht selten zu hören über niederen Waldungen und Rodungen. Auch für den bekannten Schaffhauser Ornithologen Carl Stemmler war die Heidelerche keine unbekannte Art und er notierte mehrmals Beobachtungen vom Merishauser Randen zwischen 1912 und 1932 in seinen Tagebüchern.
Eine erste systematische quantitative Bestandsaufnahme des Heidelerchenbestands auf dem Randen führte Christian Klingenberg im Jahr 1981 durch, kurz nachdem der Merishauser Randen melioriert wurde. Die Befürchtungen über einen Bestandsrückgang konnten dann zwei Bestandsaufnahmen, durchgeführt durch die Ornithologische Arbeitsgruppe Schaffhausen (OAS) in den Jahren 1989 und 1990, bestätigen. Tatsächlich nahm der Heidelerchenbestand von 18 Revieren (1981) auf noch 8 Reviere (1990) ab. Nach einer erneuten Bestandsaufnahme im Jahr 1996 (6 Reviere) wurde dann auf Initiative von Pro Natura Schaffhausen ↑↑ zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Kulturlandschaft Randen (KURA) ↑↑ und mit Unterstützung des Kantonalen Planungs- und Naturschutzamtes Schaffhausen (PNA) ↑↑ das Artförderungsprojekt Heidelerche gestartet. Ziel war es, mit Hilfe von ökologischen Ausgleichsflächen, den Lebensraum dieser stark gefährdeten Vogelart zu verbessern und das regionale Aussterben dieser Charakterart des Randens zu verhindern.
Die Anlage von Buntbrachen – das sind stillgelegte Flächen auf Ackerland die mit Ackerwildkräutern sehr lückig eingesät werden – erwies sich als die beste Massnahme, für die Heidelerchen günstige Strukturen für die Nahrungs- und Futtersuche innert nützlicher Frist zu schaffen. Zudem sind Buntbrachen Elemente des ökologischen Ausgleichs und werden durch Zahlungen an die Landwirte vom Staat unterstützt. Mit der Anlage von 4 Buntbrachen auf dem Merishauser Randen mit einer Gesamtfläche von fast einer Hektare erfolgte 1997 der Startschuss. Finanziert wurden zusätzliche Beiträge an die Landwirte durch Gelder der Schoggitaler-Aktion 1994 von Pro Natura, das Projekt wurde zudem durch die private Berthold-Suhner-Stiftung unterstützt. Parallel dazu wurde auch ein Bestandsmonitoring gestartet, das seither alljährlich durchgeführt wurde. Zwischen 1997 und 2021 wuchs die Anzahl der Buntbrachen von 4 auf 38 an, die Fläche von einer auf über 10 Hektaren an; organisatorisch wurde das Artförderungsprojekt Heidelerche in das kantonale Vernetzungsprojekt Randen integriert.
Die alljährlich durchgeführten Bestandsaufnahmen auf dem Randen umfassen eine 5-fach Kartierung von Heidelerche, Feldlerche, Baumpieper, Neuntöter und Goldammer auf der Probefläche Merishauser Randen sowie eine gezielte Nachsuche der Heidelerche auf weiteren Hochflächen in Siblingen und Hemmental sowie auf dem Emmerberg (seit 2008). Zudem werden seit 1996 alle 5 Jahre die erwähnten Zielarten auf allen Randenhochflächen (total: ca. 480 ha) mit einer 3fach-Revierkartierung erfasst.
Die Bestandsentwicklung der Heidelerche auf dem Randen verlief insgesamt positiv. Der Bestand nahm nach 1996 kontinuierlich zu und erreichte 2008 bis 2010 mit 14 Revieren einen ersten Höhepunkt. Anschliessend kam eine Phase mit Abnahmen bzw. schwankenden Bestandszahlen. Seit 2019 ist der Bestand regelrecht «explodiert» und liegt heute bei 30 bis 35 Revieren. Damit verbunden war auch eine Arealausdehnung mit der Neubesiedlung von Landschaftsräumen (Hägliloh-Beringen, Chlosterfeld-Hemmental, Heidenboom-Beggingen und seit 2021 auch Reiathöfe-Opfertshofen in einem typischen Feldlerchenhabitat), die vorher sicher ohne Heidelerchen waren (bereits ab 2014 erfolgte auch eine Wiederbesiedlung der Klettgauer Rebberge; siehe Projekt Brutvogelkartierung Rebberge SH ↑). Sicher haben sich die Lebensraumverbesserungen (Anlage von Buntbrachen, Pflanzen von Einzelbäumen 2003 und 2020) positiv auf den Bestand ausgewirkt, für den starken Anstieg der letzten Jahre sind höchstwahrscheinlich aber klimatische Gründe verantwortlich. Trockenwarme Sommer (wie 2018) und zunehmend mildere Winter machen die Heidelerche wohl zu einer Gewinnerin des Klimawandels.